Balou - Geschichte - Fricke-Blöcks - (1983 - 1987)

Fricke-Blöcks - Historie: 1983 - 1987 Fotos und Erzählungen, Knebel-Verträge und Streit

1. Höchst erfolgreicher Anfang: 1983

Der Beginn: Eine leere Gaststätte.

Durch einen puren Zufall wurde ich 1982 auf eine leerstehende Gaststätte aufmerksam gemacht, die mitten in einem sich damals entwickelnden Scene - Viertel zwischen Lotter- und Martini- Straße, dem Katharinen - Viertel, lag: die Gaststätte Fricke-Blöcks in der Herderstraße.

Das Wagnis: Der Sprung in die unternehmerische Selbständigkeit

Da es für mich damals trotz erfolgreich abgeschlossenen Referendariats kaum eine Chance gab, (nicht zuletzt auch wegen "linker" politischer Aktivitäten), eine Anstellung mit entsprechender Verbeamtung als Gymnasiallehrer zu erreichen, entschloss ich mich, den berühmten, - damals vom "linken" Zeitgeist häufig sehr kritisch beäugten -  "Sprung in die Selbstständigkeit als Unternehmer zu wagen".

Mit Elan: Ein Kneipen - Konzept

Mit eigentlich viel zu wenig gastronomischem Fachwissen und fast völlig fehlendem unternehmerischem "Know - How" ausgestattet, aber um so mehr befrachtet mit studentischen Erfahrungen durch häufige Besuche und lange Aufenthalte in diversen Scene - Kneipen verschiedenster Uni - Städte, begann ich mit sehr viel Elan nach dem Motto "Wer nichts wird, wird Wirt..." ein gastronomisches Konzept für die Gaststätte Fricke-Blöcks zu entwickeln.

Die Familie Blöcks: Sie bestimmt den neuen Pächter

Nach erfolgreichen Vorstellungsgesprächen bei der Familie Blöcks, die damals als Hauseigentümer direkt über ihrer Gaststätte wohnte und sich letztlich die Entscheidung über den neuen Pächter vorbehielt, unterbreitete ich ein Konzept für ein neues Fricke-Blöcks.

Leider konnte ich in den ausführlichen Gesprächen nicht erreichen, den Pachtvertrag direkt mit dem Hauseigentümer, also unabhängig und ungebunden von einer Brauerei, zu schließen. Das sollte sich schon sehr bald bitter rächen.

2. Getränke-Bezugs-Verpflichtung knebelt den Wirt

Die "Knebelung": Der Pachtvertrag mit der OAB - Brauerei

Da die Familie Blöcks die OAB (Osnabrücker Aktien - Brauerei) bereits als künftigen Bierlieferanten festgelegt hatte, kam es für mich in den folgenden Gesprächen nun darauf an, trotz dieses Risikos der Gebundenheit an eine Brauerei zu einer vertraglichen Einigung zu kommen.

Es war klar, dass die geplante konzeptionelle Umgestaltung der runtergewirtschafteten Gaststätte  erhebliche Renovierungsarbeiten zur Folge haben würde. Herr Bulthaupt als Verhandlungsführer der OAB betonte, dass der langjährige Vorpächter Schocke nicht zu einer "Endrenovierung" verdonnert" werden sollte.

Als möglicher neuer Pächter musste ich deshalb ein Schriftstück unterzeichnen, in dem sowohl ich als auch die Brauerei auf jegliche Forderungen an den Vorpächter verzichteten.

Da die OAB in den folgenden Verhandlungen nicht bereit war, sich in finanzieller Hinsicht an den erforderlichen Renovierungsarbeiten zu beteiligen, wurde klar, dass die Kosten der geplanten Umgestaltung von mir als neuen Pächer allein zu tragen sein würden.

Nach reiflicher Überlegung unterzeichnete ich dann doch - blauäugig und mit starken Bauchschmerzen - einen 5-jährigen Pachtvertrag mit der OAB.

Dies geschah nicht zuletzt in der Hoffnung, meine materielle Existenz für die Zukunft zu sichern.

Obwohl von der OAB keine Leistungen (Darlehen, Werbe-Kosten-Zuschuss, Rückvergütungen ...) erfolgten, musste ich völlig einseitig eine Getränkebezugsverpflichtung unterschreiben: "Wenn Sie nicht unterschreiben, dann machen es andere"... war der Grundton der Brauerei-Vetrtreter.

3. Vertragsverhältnis Brauerei - Wirt ist einseitig

Das Vertragsverhälnis zwischen Brauerei und Wirt

Der wesentliche Kern solcher Verträge zwischen der Brauerei und dem Wirt ist die sogenannte "Getränkebezugsverpflichtung". Sie bedeutet, dass der Gastronom alle Getränke von der Brauerei zu einseitig festgelegten Preisen abnehmen muss.
 
Die angebliche und so häufig gepriesene "wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Unternehmers" wird so vollkommen ausgehebelt. Der angebliche und so häufig gepriesene "Freie Markt" existiert hier nicht.
 
 
Diese "Knebel - Verträge" (Juristischer Fachbegriff) führen immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen in der Gastronomie - Branche, weil oft das fundamentale Prinzip des bürgerlichen Vertragsrechts, dass einer Leistung  eine Gegenleistung gegenüberstehen muss, ausgeblendet  wird.
 
Auf Kosten des Wirtes als Vertrags-"Partner" gestalten Brauereien oft die Verträge einseitig für ihre Interessen. Nicht umsonst nennen Brauereien in ihren Verträgen die verpflichteten Betriebe "Objekt " oder noch deutlicher: "Absatzstätte". Solche einseitig verfassten Verträge können dann sittenwidrig und somit nichtig sein.
 
 
Normalerweise gewährt die Brauerei  ihrem Vertragspartner ein Darlehen, das der Wirt für die Einrichtung seines gepachteten Betriebes benötigt. Dieser Geld - Leistung der Brauerei steht dann die Gegenleistung des Wirtes gegenüber, alle Brauerei - Getränke zu diktierten Preisen zu beziehen.
 
Obwohl ich als Pächter der Gaststätte Fricke-Blöcks von der OAB-Brauerei in den 5 Jahren von 1983 bis 1987 keinerlei Zuwendungen (Darlehen, verlorenen Zuschüsse, Rückvergütungen ... ) erhalten hatte, musste ich die  von der OAB diktierten Abnahme-Preise bezahlen, die wesentlich höher lagen, als die marktüblichen Preise.

4. Grundlegende Renovierung - Beste Umsätze

Die Umgestaltung: Eine grundlegende Renovierung

Im Januar und Februar 1983 erfolgte eine grundlegende Renovierung aller Räume der runtergewirtschafteten Gaststätte. Ohne eine einzige DM als Investitition von der Brauerei, aber umsomehr mit unbändiger Begeisterung und großem Schwung wurde die Kneipe mit sehr viel Herzblut umgestaltet.
 
Schon während dieser Aufbruchszeit im Januar 1983, spätestens aber mit den Eröffnungs- Feiern wurde das Fricke-Blöcks zu einer der beliebtesten Scene-Kneipen in Osnabrück.
 
Diesen hervorragenden gastronomischen Start konnten wir in den folgenden 5 Jahren bis 1987 festigen und weiter ausbauen. Die OAB wunderte sich regelmäßig über die außergewöhnlich guten Bier-Umsätze.

5. Keine Brauerei - Investitionen für die Zukunft

Trotz sehr guter Bier - Umsätze: Die OAB will nicht investieren.

Für eine weitere erfolgreiche gastronomische Arbeit wollten wir dann das gute, aber etwas veraltete Schmuckkästchen Fricke-Blöcks für die Zukunft fitter und zeitgemäßer gestalten (Toiletten, Küchenraum, Bierkeller ... ). Deshalb kam es auf unsere Initiative hin 1986 zu vorzeitigen Verhandlungen über eine mögliche Fortsetzung des Pachtvertrages.

Leider mussten wir im Verlaufe der Gespräche zutiefst enttäuscht feststellen, dass die Brauerei trotz der außergewöhnlich guten Verkaufszahlen nicht bereit war, die eindeutig dringend notwendig gewordenen Zukunfts - Investitionen zu tätigen. Offensichtlich wollte die OAB - wie bei der Eröffnung 1983 - wieder alles auf uns als Pächter abwälzen.

6. Unsere traurige Kündigung: 1987

Die Haltung der OAB führt zu unserer Kündigung.

Wegen dieser fehlenden Einigung mussten wir schweren Herzens (im Juni 1987 zum Jahresende) kündigen und uns von dieser  so lieb gewonnenen kuscheligen Kneipe trennen.

Zu diesem Zeitpunkt hatten wir kein anderes gastronomisches Objekt oder eine andere Tätigkeit ins Auge gefasst. Wir gingen also bewußt das Risiko ein, am Ende des Jahres 1987 arbeitslos zu werden.

Aber die nicht investionsbereite Haltung der OAB war für uns völlig unakzeptabel, weil wir wieder - wie 1983 - die zweifelsohne nötigen Investitionen zahlen sollten. Außerdem sollten wir ohne irgendeine adäquate Gegen-Leistung der Brauerei (Darlehen, Rückvergütungen ...) weiterhin die völlig überhöhte Abnahme-Preise der OAB-Getränke zahlen.

Unsere überraschende Kündigung  wurde von unseren Gästen und der Öffentlichkeit mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, denn warum trennt man sich bei einer so erfolgreichen gastronomischen Kneipenarbeit???

Allzu oft erfahren Brauereien nicht die Kündigungen von erfolgreichen (abhängigen) Wirten - eher ist es in der Regel umgekehrt... Weil dann sehr oft das gastronomische Objekt nicht erfolgreich war... .

7. Glücklicher Zufall Kolpinghaus: BALOU

Nach unserer Kündigung: der glückliche Zufall Kolpinghaus.

Ähnlich wie schon zur Eröffnung des Fricke-Blöcks 1983 - spielte der Zufall uns erneut einen Ball zu, den wir dankend annahmen:

Wir erfuhren Anfang August 1987, dass das Jugendwohnheim Kolpinghaus Osnabrück für seinen gastronomischen Bereich (damals "Pizzeria Colosseum") einen neuen Pächter suchte. Wir bewarben uns.

Nachdem der Vorstand des Kolpinghauses e.V. uns dann im Fricke-Blöcks "besucht" und unsere gastronomische Arbeit vor Ort beäugt hatte, (inwieweit wir denn wohl zum Kolpinghaus "passen" könnten...), wurde uns nach weiteren intensiven Gesprächen - trotz zahlreicher anderer Bewerber - die Chance geboten, unsere bisher erfolgreiche gastronomische Tätigkeit in einem neuen, sehr viel größerem Rahmen fortzusetzen.

Wir zogen deshalb 1988 in das Kolpinghaus um und eröffneten dort mit größeren Räumlichkeiten das Balou, das wir bis zum heutigen Tage ununterbrochen betreiben.

8. Bitteres Ende: Brauerei und Nachfolge-Pächter fordern erneute Renovierung!

Ein kaum zu glaubender "Witz" der Gastronomie-Geschichte (1. Teil):
 
 
1983:   Ich zahle für Renovierung - OAB und alter Pächter zahlen nichts.
1987:   Ich zahle für Renovierung - OAB und neue Pächter zahlen nichts.
1988:   Ich zahle für Renovierung - OAB und neue Pächter gewinnen
                             einen Prozess gegen mich wegen "mangelhafter"  
                             und "unzureichender" Renovierung.

9. Noch bitterer: OAB klagt und gewinnt!

Ein kaum zu glaubender "Witz" der Gastronomie-Geschichte (2. Teil):
 
Im Januar 1988 ließen OAB und neue Pächter in einem Gutachten durch einen "vereidigten sachverständigen" Malermeister feststellen, dass meine Malerarbeiten der Endrenovierung mangelhaft seien.
 
Dieser Malermeister führte dann die neuen Malerarbeiten durch, die ich dann nach verlorenem Prozess bezahlen musste... .
 
Zusätzlich kammen weitere Rechnungen für Renovierungen, die die OAB und die neuen Pächter bei verschiedenen Handwerkern in Auftrag gegebenn hatten,  und die ich nach dem verlorenem Prozess bezahlen musste.

10. Fricke-Blöcks - Fazit: Geschäftlich

Ein kaum zu glaubender "Witz" der Gastronomie-Geschichte (3.Teil):
 
Nach 5-jähriger Fricke-Blöcks-Arbeit durfte ich bezahlen:
  • Die Anfangs - Renovierung 1983 mit eigen Mitteln
  • Die End - Renovierung 1987 mit eigenen Mitteln
Zusätzlich als Folge des von OAB und den neuen Pächtern angestrengten und gewonnenen Prozesses durfte ich bezahlen:
  • Maler - Rechnungen ( Wände, Decken, Türen, Heizkörper...)
  • Rechnungen für Überholung+Reparatur des Mobiliars
  • Rechnungen für Überholung+Reparatur des Parkett-Fußbodens
  • Rechnung für Überholung der Theke
  • Rechnung für Überholung und Ausbesserung des Buffets
  • Rechnungen für die von der OAB bestellten Gutachten
  • Rechtsanwaltskosten - eigene und gegenerische
  • Gerichtskosten
Für die 5 Jahre Fricke-Blöcks-Arbeit mit den guten Verkaufszahlen hat sich die OAB - Brauerei  in dieser sehr ungewöhnlichen Art und Weise eindrucksvoll bei uns bedankt. Wir haben das nicht vergessen und werden diese Art von Geschäftspolitik gerne weiter erzählen.

11. Fricke-Blöcks - Fazit: Moralisch

Ein kaum zu glaubender "Witz" der Gastronomie-Geschichte (4. Teil):
 Nachdem die neuen Pächter diese sehr gut laufende Kneipe
  • einfach übernehmen konnten,
  • sich ihre Eröffnungs-Renovierung einfach von mir als Vorgänger bezahlen lassen konnten,
  • erhielten sie zusätzlich auch noch die Erneuerungen (für Toiletten, Küche, Keller...), die ich zuvor von der OAB gefordert hatte.
Einen wahrlich "glücklichereren" Start  dieser neuen Gastronomen konnte man sich nicht vorstellen: Viel besser kann man sich nicht in ein gemachtes Nest setzen!  - (... ins gemachte Bett legen!).
 
Vielleicht ist mit diesem Wissen zu verstehen, dass tatsächlich das eingetreten ist, was in der  "Werbekampagne" der neuen Pächter ab 1988 überall verbreitet wurde:
 
" Wir (die neuen Pächter) wissen, wer uns auf keinen Fall besuchen wird: der vorige Wirt!"
 
  • Wohl wahr! Und sehr weise vorausschauend, denn so geschah es auch... .
  • Das Balou von 1988 exiert heute immer noch ... unter der gleichen Leitung... .
  • Das Fricke-Blöcks der neuen Pächter von 1988 gibt es schon lange nicht mehr...

Leider ist dieser Inhalt nicht ohne entsprechende Cookies Zustimmung verfügbar.
Bitte erlauben Sie die Cookie Kategorie "Darstellung" um diesen Inhalt zu sehen.